27. Januar 2024
Tücher in allen Formen
Als sich letzte Woche unser gerade neu aufgefüllter Vorrat an Sophie Scarf Anleitungen in rasantem Tempo leerte, haben wir uns verwundert die Augen gerieben. Das Modell ist zwar immer beliebt, aber nun doch nicht mehr brandneu, sodass die meisten Stricker*innen die Anleitung vermutlich schon in ihrer Sammlung und einen Sophie Scarf um den Hals haben. Eine kurze Recherche brachte Klarheit: der Tagesanzeiger hatte das Tüchlein von PetiteKnit entdeckt und ihm einen ganzen Artikel gewidmet! Und weil der Sophie Scarf so ein praktisches kleines Tuch ist, das von Mette von PetiteKnit auch immer optimal in Szene gesetzt wird, war der Ansturm auf das Modell gross! Amüsant ist ein Blick in die Kommentarspalte – als Putzlappen wird da das edle Tüchlein aus Cashmerewolle bezeichnet. Oder als etwas, das aus dem Brocki stammt (was ja meiner Meinung nach überhaupt nichts Schlechtes ist, in diesem Kommentar aber ziemlich sicher kein Kompliment war). Wie auch immer: am Sophie Scarf scheiden sich zwar die Geister – sei es unter den Stricker*innen (ist es unerhört, mit einem dermassen einfachen Modell einen so grossen Erfolg zu haben?) oder auch unter den Mode*fachleuten (siehe oben), aber schon nur die Anzahl der Projekte auf Ravelry lassen an der Beliebtheit keinen Zweifel aufkommen.
Übrigens: Der Lilli Pilli Shawl ist das wohl populärste Tuch von Ambah O'Brien, aber es lohnt sich unbedingt, auch ihre anderen Designs anzuschauen - es sind wahre Kunstwerke dabei!
Dass Tücher bei uns Stricker*innen so beliebt sind, hat verschiedene Gründe: Zum einen ist man bei der Wahl des Garns wesentlich flexibler als beim Stricken von Kleidungsstücken - wenn die Maschenprobe nicht ganz passt, ist das in der Regel kein Problem. Auch ein etwas kleines oder grosses Tuch ist am Ende durchaus tragbar. Ausserdem kann man sich beim Tücherstricken auch dann den buntesten Farben hingeben, wenn man für seine sonstige Garderobe eher gedeckte Farben bevorzugt. Ein buntes Tuch lässt sich immer perfekt mit einem eher zurückhaltenden Outfit kombinieren.
Welche Form darf's sein?
Tücher gibt es in den verschiedensten Formen und Grössen - die Möglichkeiten sind schier unendlich, aber schlussendlich geht es eigentlich immer darum, wo und wie die Zu- oder Abnahmen platziert sind. Die folgende Liste erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit - es gibt noch unzählige andere Varianten. Eine schöne Sammlung mit den unterschiedlichsten Tüchern findet ihr im Buch 52 Wochen Tücher stricken (wir haben auch noch ein paar Exemplare auf Englisch mit einem etwas reduzierten Preis), aus dem auch die schönen Illustrationen oben stammen. Zum entsprechenden Modell gelangt ihr mit einem Klick aufs Bild.
Das rechteckige Tuch: Schal oder Stola
Der klassische Schal beginnt mit dem Anschlagen der Maschen in der gewünschten Breite. Danach kann man einfach gerade nach oben stricken oder aber – wie beim Lilli Pilli Wrap – auf einer Seite Zu- und auf der anderen Seite Abnahmen arbeiten, um so ein Parallelogramm entstehen zu lassen. Die dadurch entstehenden Spitzen an beiden Enden lassen den Schal beim Tragen etwas zarter wirken. Natürlich kann eine Stola auch an den langen Seiten begonnen und dann nach oben gestrickt werden. Raffiniert sind Konstruktionen wie z.B. die der Stola Wild Flowers bei der in Runden gestrickt und am Ende gesteeked (also der Kreis aufgeschnitten) wird. Der Vorteil dabei ist, dass keine Rückreihen gestrickt werden müssen.
Drachenfels von Melanie Berg
gestrickt aus Cheeky Merino Joy
Die heutige Instagramrunde beginnt mit einem Modell, das eigentlich nicht wirklich neu ist - ich habe es selber sogar vor Jahren schon gestrickt - aber das jetzt ein kleines Update erhalten hat : In der Anleitung für den Vertices Unite Shawl von Stephen West gibts eine neue Schemazeichnung, mit der man sich die Anordung der einzelnen Sektionen besser vorstellen kann. Und ausserdem ist jetzt auch die Anleitung für eine Mini-Version des Schals enthalten (gedacht als Maschenprobe um die Farbkombinationen zu testen), die ich absolut entzückend finde! Mir ist zu Ohren gekommen, dass manch eine diese herzigen kleinen Tüchlein als sinnlos bezeichnet - dabei liegt ihr Sinn doch zumindest mal darin, so einfache Gemüter wie mich zu erfreuen!
Auch das nächste Modell hat mit dem guten Herrn West zu tun- der neue Cowl Picnic von Nadia Crétin wird im Original nämlich aus Wolle von West Wool gestrickt. Da wir diese leider nicht im Sortiment haben, schlagen wir als Alternative Daisy von DROPS vor. Diese Merinowolle, die etwas griffiger ist als die Standardmerinogarne von Drops, ist ganz schnell zu einem unserer Lieblinge geworden, denn sie verstrickt sich wirklich wunderbar.
Zu guter Letzt kommt nochmal eine Wiederentdeckung eines älteren Modells: der Terrazzo Neck von PetiteKnit in einer wunderschön bestickten Version. Für eine etwas ähnliche Melierung könntet ihr die Melange Farben von DROPS Nepal verstricken (einfädig) - davon braucht es 7 Knäuel. Für die Stickerei gibt es leider keine Anleitung, aber falls ihr noch nach Inspiration sucht: Das Buch Sticken auf Strick ist endlich wieder an Lager, nachdem es einige Zeit beim Verlag vergriffen war.